Rennbericht RAA

Abenteuer Race Around Austria 2016

4 Tage 13 Stunden 54 Minuten voller Freude - Qual - Motivation - Teamgeist - Spaß - Schmerz - Euphorie - Schlafmangel...alles zusammen : Finished!!! 

Rennbericht aus der Sicht der Betreuer: 

von Teamdichter Norbert Fiedler, Werner Vogl und Elvira Jank  

 

Nachdem sich das Team rund um Stefan Schrenk, bestehend aus Elvira Jank, Chrissi Vogl-Jank, Werner Vogl, Doctor of Love Gerald Demolsky, Teamchef Franzl Jank, Norbert T. Fiedler, Vienzenz Swamp und Thomas Fleischer am Montag, den 8. August 2016 in St. Georgen im Attergau eingefunden hat, galt es noch letzte Vorbereitungen zu treffen. Die technische Abnahme der Begleitfahrzeuge wurde getätigt, die letzten Sicherheitsvorkehrungen wie das Anbringen der „Achtung Radrennen“ – Aufkleber, sowie der Startnummern wurden erledigt und schon jetzt war trotz der Anspannung der unglaublich positive Teamspirit spürbar, der uns die nächsten Tage begleiten und antreiben sollte. Gemeinsam wurde zu Abend gegessen, die letzten Details besprochen, die letzten Ideen zur Verbesserung der Logistik diskutiert, ausprobiert und trainiert. Schließlich waren die Stunden bis zum Start schon bald an beiden Händen abzuzählen.

Dienstagmorgen, nach dem Frühstück, wohnten wir dem Start der beiden ersten Starterinnen bei, um auch hier den die Ultracycler verbindenden Spirit zu spüren und zu genießen. Dann schon der erste Höhepunkt, das verpflichtende Meeting aller Teams, bei dem noch neue, durch Baustellen kurzfristig aufgetretene Routenänderungen durchgegangen wurden. Und die Zeit verging schon schneller als sonst, für Stefan wohl noch immer nicht schnell genug. Nach drei Jahren der konstanten Vorbereitung, des Trainings und auch der Entbehrung, brannte er nun auf seinen Starttermin um 18.12 h und kaum dass man sich versah, war die Deadline erreicht. Nach letzten Gesprächen mit angereisten Fans und Familie, einem kurzen Treffen mit den Rotariern aus Oberösterreich, immerhin diente das große Abenteuer nicht nur der Beweisführung zu welchen Leistungen der menschliche Körper imstande war, sondern auch bei jeder Kurbelumdrehung dem guten Zweck der Unterstützung in ihrer Bewegung eingeschränkter Mitmenschen und Sportler, ging es los. Als sechster Starter des Abendstarterpackets ließ er sich weder von Interviews vor und auf der Startrampe, noch von dem großen Trubel im Start/Zielbereich irritieren, wie von ihm, als Medienprofi gewohnt, fuhr er äußerlich ruhig und total fokussiert pünktlichst die ersten Meter seines Rennens. Meter, die schon in Kürze sowohl Stefan als auch sein Team auf Trab bringen würden…Schon nach wenigen Kilometern machte leider ein grober technischer Defekt an der frisch gewarteten Rennmaschine ein Weiterkommen unmöglich. Sofort wurde auf das Zeitfahrrad gewechselt und via Funk beratschlagt was nun die nächsten Schritte sein werden. Das zweite, eigentlich in Pause befindliche Team, wurde kontaktiert, diese versuchten den am Start anwesenden Radmechaniker aufzutreiben und fuhren zu dem zurückgelassenen Fahrrad. Nach kurzer Analyse der defekten Rennmaschine wurde uns mitgeteilt, dass vor Ort nichts zu machen sei. Im Pace Car wurde, ohne Funk, besprochen, wie wir mit dieser Nachricht umgehen und wie Stefan davon in Kenntnis zu setzen sei. Nach Rücksprache mit Team 2 – in Umgangssprache „Die Unglaublichen“ genannt – teilten wir Stefan die Diagnose mit und wechselten auf das Ersatzfahrrad, welches am Pace Car Dach montiert war. Die eigentliche Einsermaschine wurde dem zweiten Begleitteam übergeben, die sofort versuchten durch Anzapfen aller verfügbaren Radsportkontakte eine Instandsetzung des Sportgerätes in die Wege zu leiten. Während Stefan sich in der Dämmerung und durch den erneut einsetzenden Regen Richtung oberösterreichisch-tschechische Grenze vorwärtskämpfte, fuhr besagtes Betreuerteam nach Amstetten zu Radsport Ginner, wo Schaltwerk, Kette und die Laufräder ausgetauscht wurden. Der kleinste, doch nicht unwichtigste und sicher am schwersten zu besorgende Ersatzteil, das Schaltauge fehlte noch. Während sich Stefan durch die Steigungen des Mühlviertels, bei Regen und Nacht, in die Richtung unserer Heimatgefilde kämpfte wurde Hermann Schulner der Retter in der Not. In seiner Garage in Groß Gerungs, um Mitternacht, montierte er den fehlenden Teil, den er zuvor von Hahn Jürgen, der sein Serum als „Organspender“ zur Verfügung stellte, abgeholt hatte und ermöglichte so, dass Stefan bereits um 05.00 h in Weitra, in der ersten Fanzone der Rotarier, sein gewohntes Simplon Serum (Mario, der schon zu früher Stunde in Weitra wartete, fuhr nochmals extra nach Vitis, um das Rad zu holen) in Empfang nehmen konnte und verwundert über die Leichtgängigkeit und des seiner Kraft adäquaten Leistungsvermögen seiner neuen Laufräder die Weiterfahrt durch das heimatliche Waldviertel in Angriff nehmen konnte. Das mit der Reparatur beauftragte Team mit Doctor of Love Gerald Demolsky, Teamchef Franzl Jank und Norbert T. Fiedler schlief in dieser Nacht auch nur kurz, saß die meiste Zeit im Auto, aber geschwitzt haben die drei Herren mindestens genauso wie Stefan. Die verbleibende Zeit bis zum ersten Teamwechsel kurz nach Drosendorf wurde noch zum Kochen und Konservieren von kräftiger Gemüsesuppe für die kalten Nächte in den Bergen genutzt. Am Vormittag waren die drei schon wieder in Dienst gestellt und das Team der ersten Nacht konnte in seine wohlverdiente Pause gehen, doch halt, da war doch noch was – Schwierigkeiten mit dem Licht - und schon hatte auch das zweite pausierende Team seinen technischen Problemauftrag zu meistern. Der nächste Teamwechsel war in Güssing geplant und auf dem Weg dorthin musste bei Bernhard Kohl in Wien ein neuer funktionierender Akku für die Radbeleuchtung besorgt werden, was durch die Unterstützung von Bernhard Kohl, er baute extra einen Akku aus einem Set aus, relativ leicht von statten ging. Schon jetzt muss man sich die unglaubliche Stärke unseres Sportlers vor Augen führen: In den ersten 24 Stunden seines Unterfangens traten unerwartet Probleme auf, die manch anderen Kandidaten ein Fortkommen wenn nicht unmöglich gemacht, so doch zumindest erschwert hätten, doch Stefan lief gerade jetzt, in Vertrauen in die organisatorischen Fähigkeiten seines Teams zu großer Form auf. Das Weinviertel wurde geradezu durchpflügt, einzig in Laa an der Thaya wurde für zwei, drei Minuten Tempo rausgenommen, um der Schönheit dieser Perle Respekt zu zollen.

An der Ostgrenze Österreichs, genauestens von seinem Team durch die große Umleitung bei Marchegg navigiert, wurde die Donau überquert, wo sich kurz danach wieder ein Trupp von Fans und Radsportkollegen wie Florian Plasch und Karl Picker zu einem kurzen meet’n’greet einfand.

Weiter, weiter, immer weiter, nun schon die Steigungen des Mühl-und Waldviertels und die manchmal ermüdenden Ebenen des Weinviertels hinter sich gings ins schöne Burgenland, über 24 Stunden unterwegs und der Tritt noch immer rund und flüssig, eine Freude diese Leistung vom PaceCar aus mitzuverfolgen. Auch bei Stefan nahm die Freude immer mehr zu, näherten wir uns doch der ersten großen durchgehenden Steigung, der höchsten Erhebung des Burgenlandes, dem Geschriebenstein. Hier griff der unfassbar attraktive und trainierte Doctor of Love Gerald Demolsky zum ersten und sicherlich nicht letzten Mal in seine Motivationstrickkiste, als er in den steilsten Teilstücken des Anstieges aus dem fahrenden PaceCar sprang, um neben Stefan herlaufend diesen mit Zuspruch, Nahrung und Ansporn zu versorgen. Wer so schönen Bildern beiwohnen durfte, vergisst sie sein Lebtag nimmer. Die Zeit und auch die Kilometer vergingen wie im Flug und in den frühesten Morgenstunden des Donnerstages, nach 36 h im Sattel, traf Stefan in Güssing ein. Zu seiner ersten Schlafpause von einer Stunde, Wäsche wurde gewechselt, die Teams nutzten sich zum Update und Austausch und während das eine Begleitteam schlafen ging, übernahm das Team Elvira, Chrissi und Werner das PaceCar und schon saß Stefan wieder auf seiner Zeitfahrmaschine und trieb es weiter auf der großen Runde um Österreich, in Richtung Steiermark, Fanzone Halbenrain und südsteirische Weinstraße, in vollem Bewusstsein, dass das Schlimmste und Schönste wohl noch kommen wird. Gerade in der südsteirischen Weinstraße mit ihren vielen „Schupfern“ erreichte Stefan ein mentales und physisches Hoch – mit stetem Tritt, mit voller Kraft und mit einem unglaublichen Elan, wohl auch der Sonne und der wunderschönen Szenerie geschuldet. Mit motivierendem „Stoffl, gemma Buschenschaunk“ wurde ein Mitstreiter versaugt und es ging in Richtung „Soboth“, einer größeren Höhenmeterherausforderung, welcher Stefan aber mit Freude entgegensah.

Und jetzt kurz zu unserem Film- und Phototeam, von dem ich bis jetzt noch nicht weiß, wie die beiden Jungs es bewerkstelligt haben, dass sie scheinbar ohne Schlaf und Pause, immer wieder frisch und gut gelaunt mit besten Shootingideen entlang der Strecke auftauchten und sensationelle Aufnahmen lieferten. Wie gesagt, ein Rätsel, dass wohl nie ganz ergründet werden wird, irgendwie hatte es etwas von der Geschichte vom Igel und Hasen – immer kurz bevor man sich dachte, wo die beiden Aufnahmekünstler uns wohl das nächste mal filmen werden, waren sie auch schon da! Chapeau, Vienzenz und Thomas!

Während Stefan die Soboth samt ihrer tückischen Abfahrt meisterte und sich schon weit im Kärntnerischen befand, wurde der Punkt des nächsten Teamwechsels genau zur Hälfte des Rennens bei Kilometer 1100 gelegt. Am Weg zum Wechselpunkt holten wir den nächsten Fahrer ein und Stefan radelte vergnügt zu zweit dahin. Vom Pace Car aus konnte man die Leichtigkeit am Tritt und die klaren Gedanken am Funk nur bewundern. In der Ebene des Kärntner-Italienischen Grenzlandes spürten wir bei der Tankstelle in Feistritz an der Gail wieviel Bewunderung und Unterstützung den Athleten von den Anwohnern der Strecke entgegengebracht wird. Nach kurzer Besprechung durften wir hier Wasser, Sanitär als auch Stromleitung nutzen und unter verblüfften Blicken die Cafeteria der Tankstelle zur Suppenküche umfunktionieren. Stefan schoss den Feistritz vorgelagerten Berg herunter, das Team jubelte ob der bis jetzt schon unglaublichen Leistung, doch nur kurz verschnauft und medizinisch behandelt, die Räder gewartet und leicht gereinigt, ging es weiter in Richtung Hermagor, Kötschach-Mauthen und Lesachtal und somit „endlich“ in Stefans geliebte Berge. Denn wie wir mittlerweile wissen: „Stimmt die Steigung, steigt die Stimmung!“

Und Steigungen kamen in den folgenden Stunden reichlich auf Stefan und seine stets flinken Betreuer zu. Während Team eins in seine Pause ging, verschwand die Nachtschicht in die einsetzende Dämmerung. Nur einer hielt sich nicht an den Schichtbetrieb und drückte weiterhin aufs Gas - Stefan Schrenk - fast als ob er den ihm wohlbekannten Anstieg durch das Lesachtal riechen konnte. Kurz davor überholte uns noch Severin Zotter, der Sieger des RAAM 2015, der im Zweierteam einem souveränen Sieg in Rekordzeit entgegeneilte. Genauso schnell flogen ihm die Fanherzen aus dem PaceCar zu, so sympathisch wie der Steirer uns durchs Beifahrerfenster in kompromisslosester Aeroposition begrüßte, zeigte erneut wie groß Freundlichkeit und Kameradschaft im Ultracycling geschrieben werden. Doch zu den Steirern und ihrem Kampfeswillen später mehr.

Stefan fuhr nun den Schlafmangel bedenkend, sicherheitsbewusst die Abfahrt nach Lienz in dunkelster Nacht hinunter; über Funk stets über die nächste Kurve und deren Schwierigkeitsgrad informiert, dass die Kombination von Stefan am Steuer und Norbert als Kurvendeuter ein erfolgreiches Team generiert ist seit jeher bekannt, schon vor der Jahrtausendwende wurde im Vitiser Gemeindegebiet so manch spektakulärer Rekordversuch gewagt.

Kurz nach Lienz war es dann soweit, ein Powernap musste her. Während Stefan im PaceCar schlummerte, durfte das PaceCarTeam die Osttiroler Sternschnuppennacht erleben, jeder von uns zählte wohl mindestens ein Dutzend Sternschnuppen in nicht einmal zwanzig Minuten und ich glaube, dass sich jeder von uns dasselbe gewünscht hat: Dieses gewaltige Unterfangen und Abenteuer weiterhin miterleben und durch einen kleinen Beitrag ermöglichen zu dürfen. Nachdem Stefan etwas erfrischt wieder am Rad saß ging es weiter zum nächsten wichtigen Punkt im Plan, der Felbertauerntunnel, der nach witterungsbedingter Absage des Großglockners ins Routebook aufgenommen wurde. Erneut spürte man hier das unfassbare Leistungsvolumen Stefans am Berg, Gerald spornte den fröhlich und aufgeweckt wirkenden Stefan immer wieder durch beherztes Verlassen des Autos und Mitlaufen auf den steileren Passagen des Berges an, als sich fast unmerklich, immer wieder schemenhaft, dann doch auch deutlicher Schweinwerferkegel im Rückspiegel abzeichneten. Wer war der Fahrer hinter uns, der kaum als sich das Terrain verflachte, näher kam, so nah dass wir manchmal schon die Kommandos seines Teams hören konnten. Schnell war klar, das war Christoph Strasser, Legende des Ultracycling, dreifacher Sieger des RAA, dreifacher Sieger des RAAM, Weltrekordhalter über 24 h Rennradfahren und auch Kraubather, also Steirer, deren Bluat ja bekanntlich weder Himbeersafterl noch Nudlsuppn is‘. Und was sich dann abspielte, meine sehr verehrten Damen und Herren, war Wettkampf im Spitzensport wie man ihn bei Olympia, Fifa und Uefa lang suchen müsste…Kaum dass – wir erinnern uns an die Stelle mit der Stimmung und der Steigung – der Asphalt etwas aufwärts zeigte, stürmte Stefan dem wohl besten lebenden Extremdistanzradfahrer der Welt davon, in den flacheren Teilen des Anstiegs zur Tunnelmautstelle kamen die Scheinwerfer und südlichen Stimmen wieder näher, nächste Serpentine, nächste Rampe, dasselbe Spiel aufs Neue…Stefan entfesselt auf und davon, oft so schnell, dass wir die Lichter des Verfolgers nicht mehr ausnehmen konnten. Schließlich erreichten die beiden Kollegen, nachdem sie (in der Nacht, bei Temperaturen um die 5 Grad, mit 1300 km fast ohne Schlaf am Fahrrad) plaudernd zirka einen Kilometer nebeneinander gefahren waren, nahezu im Gleichtritt das Bergplateau. Der Transfer durch den Tunnel musste mit dem Auto absolviert werden. Während Stefan kaum als das Tunnelende in Sicht war mit seinen Radschuhen zu scharren begann, um seinem Ziel wieder etwas näher zu kommen, nutzte Christoph Strasser die Gelegenheit für eine kleine Pause.

Etwas mehr als zwanzig Kilometer nach Mittersill konnte Stefan dann auch endlich 1,5 Stunden schlafen und sich durch Gerald und Chrissi etwas verarzten lassen; die Teams hatten hier auch die Möglichkeit sich über den Weitergang des Rennens und die folgende Schichtaufteilung zu beratschlagen. Doch auch diese Augenblicke vergingen wie im Fluge und ehe man es sich versah waren wir in beginnender Morgendämmerung in Richtung Gerlospass unterwegs, ein weiterer Anstieg brutaler Güte und Schönheit, am Gipfelplateau vorbei an staunenden Kühen und hinein in eine kalte, feuchte Abfahrt Richtung Zillertal, wo uns mitten im schrecklichen Vormittagsverkehr unser lieber Freund und Schrenkradler Volker Bräu aus dem nahen Rosenheim mit einer herzwärmenden Verpflegungsbox für die Crew und seinem Rennrad empfing, um Stefan soweit es das Reglement erlaubt für ein paar Kilometer radelnd Gesellschaft zu leisten.

In der Zwischenzeit ruhte sich Team Eins noch etwas aus, die Herren Vienzenz und Thomas tauchten immer wieder plötzlich und unerwartet am Straßenrand, oder waghalsigst, aus Bäumen, Sträuchern und Gestrüppen hängend auf, um schlaflos und den Finger immer am Auslöser, fesselndes Material zur Dokumentation des Abenteuers zu beschaffen. Gerade Vienzenz verschwand aufgrund seiner stolzen, wuchernden Tarnung in der Fauna, ging ganz in ihr auf und wurde eins mit dem durch Tausende von Jahren geformten Stein und Gewächs der beeindruckenden österreichischen Landschaft.

Auf einer Anhöhe oberhalb von Innsbruck wechselten die Teams, die Mädel und Buben von Team Eins durften Stefan nun über seinen Lieblingsberg, das Kühtai, begleiten, während Team Zwo in Richtung Landeck und damit Quartier unterwegs war…auch in Richtung fester Nahrung und einem Zufriedenheit spendenden Weissbier, während unser Held Stefan weiterhin stündlich sein Ensure und seinen Kraftsaft verabreicht bekam, um den unglaublichen Energiebedarf seines Unterfangens auszugleichen.Kurz nach Innsbruck wurden wir hupend von einem silbernen Auto mit Blumenpickerl überholt. Walter und Xandi, die am Weg in die Schweiz zu ihrem Weltrekord im Ultratriathlon waren, warteten kurz später an einer Steigung und begleiteten Stefan ein Stück laufend und feuerten ihn jubelnd an. Auch für das Team hatten die beiden eine Überraschung dabei - einen selbstgemachten Kuchen, der zur Aufbewahrung an Vienzenz übergeben wurde, seither aber nie mehr wiedergesehen wurde.

Bei der Anfahrt zum Kühtai wurde Stefan immer motivierter, konnte er doch endlich sein geliebtes Bergerl bezwingen und Team 1 in Pace Car konnte gar nicht oft genug erwähnen, dass es bald wirklich bergauf gehen würde. Aufgrund des doch starken Verkehrs musste das Team Stefan einige Male überholen und wartete am Straßenrand auf „seinen“ Athleten – Werner versuchte seines Lasters zu frönen und eine schnelle Zigarette zu rauchen, was in Anbetracht der Berggeschwindigkeit von Stefan eine nahezu unmögliche Aufgabe darstellte, kaum ausgestiegen und angezündet war dieser Held der Bergfahrer schon beim Auto vorbei. Auch Vienzenz konnte jetzt endlich seine typischen Aufnahmen machen: Stefan im Vordergrund, Berge im Hintergrund und ganz wichtig – Kühe, weil das ist doch Österreich. Leider schaffte es dieser tollkühne Desperado der Fotografen immer wieder, dass die Butterhirsche Reißaus nahmen, sobald er sich auf die Lauer legte. Sich am Beispiel von Dr. of Love Demolsky aufbauend versuchte auch Werner Stefan am Kühtai laufend zu begleiten, was im Nachhinein gesehen eher eine Idee mit Ausbaumöglichkeiten war. Gerade während einer Begleitung überquerte Stefan nach einer Galerie ein Weidegitter, fädelte prompt ein und ging zu Boden. Der Schreck in den Gesichtern von Chrissi, Elvira und Werner wich sofort, als Stefan meinte, es ginge schon – aufgeholfen, aufs Rad gesetzt, angeschoben und weiter gings dem Gipfel entgegen.

Vor Galtür, ein Ort der traurige Berühmtheit durch ein Lawinenunglück erlangt hat, holten uns Bettina und Christian Puhr ein, welche fortan als Backup für diverse Arbeiten und als Motivationskünstler unersetzlich waren, ein. Nun, in der einsetzenden Dunkelheit musste noch die Silvretta Hochalpenstraße bezwungen werden, was ohne größere und gröbere Probleme gemeistert wurde, am Gipfel angekommen wurde Stefan angezogen und für die Abfahrt in Dunkelheit fertig gemacht. Vienzenz und Thomas bereiteten unterdessen im Tal das Begleitfahrzeug vor, da sich Stefan eine wohlverdiente Pause gönnen wollte und sich das Team eine passende Bleibe für den Rest der Nacht organisieren konnte.

Nach 1 Stunde Pause und nach dem herausfordernden Reservieren einer Gaststätte um Mitternacht, ging die Fahrt weiter – Vorarlberg, jetzt bist du dran.

Plötzlich, ohne wirkliche Vorwarnung, stellten sich bei Stefan Schmerzen im Kniegelenk ein, jeder Tritt wurde zur Qual und auch mit Stöhnen begleitet. Nach kurzer Beratung entschloss sich das Team, Stefan im Pace Car zu behandeln und Chrissi zückte all ihre Utensilien, von Nadeln über Moxa – Zigarren bis hin zu Tape Verbänden wurden alle Register gezogen, noch einige motivierende Worte und unser Held machte sich wieder auf, sein Abenteuer zu bestehen und dem nächsten Teamwechsel entgegen zu radeln.

Szenenwechsel –Dunkelheit- es ist kalt, feucht, der Held leidet verwunderlicherweise unter Müdigkeit und Erschöpfung – die Ortschaften tragen hinterfotzigerweise und wie zum Trotz Namen wie Sonntag. Wir sind am Faschinajoch und mitunter bleibt uns im PaceCar nur mehr staunend der Mund offen, wie so etwas möglich ist, drei Tage mit nahezu keinem Schlaf und noch immer wird Höhenmeter für Höhenmeter in Hundertschaften abgespult, als ob das hier eine großzügig geratene Trainingsfahrt ist. Doch davon weit gefehlt, nach der brausenden Abfahrt aus erneut fast 1500 m erreichten wir Damüls und bogen dort in das erschreckend kalte Tal des Krumbachs ein, um schon den nächsten Berg in Angriff zu nehmen – den Hochtannbergpass, bei dessen Auffahrt wir die berühmte Fotostelle des RAA passieren, wo die Straße scheinbar in der Luft zu hängen und zu schweben scheint. Vom fahrerischen her gesehen schwebend drückt Stefan auch diesem Berg seinen Stempel auf und manchmal scheints, als drücke er dem Berg auch seine Stiege auf, so behände und mühelos sieht seine Kletterei noch immer aus. Bei dem kurzen Halt auf der Passhöhe setzen wir Stefan über das weitere Vorgehen in Kenntnis. Gleich im Tal haben wir für den Vormittag die Möglichkeit im Styrolerhof ein Zimmer zu nutzen. Stefan kann eine notwendige längere Schlafpause von 2 h machen und wird von Gerald behandelt. Beim Anblick des Frühstücksbuffets fährt auch der restlichen Crew die Schwere aus den Gliedern, Müdigkeit wird nach einem reichlichen Snack durch ein Sonnenbad auf der Hotelterrasse bekämpft. Bevors weitergeht, wartet und kontrolliert Norbert noch die Räder, vergisst diesmal nicht die Wäsche im Hotel und frohen Mutes geht’s durchs Lechtal weiter. An dieser Stelle nochmals Herzlichen Dank an den Styrolerhof, spontan und zu fast noch nachtschlafener Zeit wurden wir hier hilfsbereit und zuvorkommendst umsorgt. Dass die verbleibenden Kilometer auch für uns binnen 24h als fahrbar erscheinen, macht uns vorsichtig hoffnungsvoll unseren Zeitplan genauestens zu exekutieren. Das Lachen vergeht uns dann am Fernpass, diesem Straße gewordenen Verkehrswahnsinn vor Innsbruck. Zielsicher navigieren wir Stefan durch die Tiroler Landeshauptstadt, lernen die großzügige Dimensionierung der örtlichen Gehsteige zu schätzen und stürmen am Tivoli Neu vorbei rauf nach Ampass, einem durch seinen unmittelbaren Beginn am Stadtrand gefürchteten knackigen, kurzen Anstieg…Durch die Ebene des Inntals mit stetem Rückenwind tauschen wir kurz vor Schwaz vielleicht schon ein letztes Mal die Betreuermannschaft, sehen die noch immer jugendlich-viril aussehenden Thomas und Vienzenz bzw. deren Doppelgänger.

Team Eins übernimmt zum berechnet letzten Mal die Betreuung von Stefan und ist, obwohl auch schon müde, euphorisch und motiviert ins Ziel einfahren zu dürfen.

Team Zwo fährt schon voraus nach St. Georgen im Attergau und harrt der Entscheidung, ob sie nochmal in Dienst gestellt werden, oder ob Stefan im Furor des Finish seine Geschichte so schnell in den Salzburgerisch/Oberösterreichischen Asphalt klopfen möchte, dass dieser Wechsel nicht mehr notwendig ist. Während sich also Willi Hoffmann und Stefan Schrenk am Dientner Sattel matchen, ruhen wir uns aus und freuen uns schon auf die letzten Kilometer.

Besagter Dientner Sattel wurde von Stefan wieder zu einer Demonstration seiner unglaublichen mentalen und physischen Stärke genutzt. Christian Puhr begleitete Stefan teilweise bei der Bergfahrt und musste oben angekommen feststellen, dass Stefan, obwohl dieser seit Tagen unter mörderischer Anstrengung unterwegs ist, noch immer einen flotten Tritt hat. Auch ein Mitglied eines Challenge Teams wurde während der Bergfahrt ohne Mühe stehen gelassen. Nach der Abfahrt ging es nun in „leichtere“ und „flachere“ Stücke und Stefan schob seine Schmerzen beiseite und radelte stets mit hoher Trittfrequenz seinem großen Ziel entgegen. Das Team versuchte mit Stefan durchgehend Konversation zu betreiben, um die beiderseitige Müdigkeit in Zaum zu halten und so wurde auch vereinbart, was im Ziel als erstes getrunken wird.

Wir freuten uns schon sehr, auf das Ankommen des zweiten Teams, auf die gemeinsame Zieleinfahrt und auf die Emotionen, die uns sicherlich überwältigen werden.

Pünktlich um fünf erschallt auch schon der Weckruf unseres Teamchefs Franzl, wir fahren dem Sportler und seinen Betreuern bis Hof bei Salzburg entgegen, um vielleicht im Falle des Falles helfen zu können. Doch die Demonstration fahrerischer Souveränität geht weiter, ohne zu Zögern fährt Stefan auch die letzten 30, 35 km ins Ziel in St. Georgen. Die Gespräche mit dem Team im Pace Car, die Tränen der Betreuerinnen und die Sprachlosigkeit von Stefan werden uns ewig in Erinnerung bleiben, auch die Motivation von Team Zwei, welches alle 3-4 Kilometer am Straßenrand anfeuerte und Stefan ins Ziel peitschte war nicht nur lustig anzusehen, es machte einen Stolz, Teil dieses tollen Teams zu sein. Beim Stopp der Zeitnehmung, auf Höhe der Ortstafel Sankt Georgen, von rund 30 angereisten Fans, Mitgliedern der Familie, sowie der Firma Schrenk, unter tosendem Jubel empfangen, war die Freude bei Stefan riesig, dieses Abenteuer durchgestanden zu haben, auch die Betreuer fielen sich in die Arme.

Die Einfahrt zum Zentrum von St. Georgen verzögert sich noch kurz aufgrund der stattfindenden Heiligen Messe, die nicht durch Jubel am Stadtplatz gestört werden soll, doch auch Hochwürden zieht vor Stefans Leistung das Birett und predigt etwas kürzer, so stehen wir gerade als der Grillmeister die Hennen in Schwung bringt am Sonntag um 9 Uhr morgens im Start und Ziel – Bereich des RAA 2016 und bejubeln Stefans Glanztat. Finisher in 109 h 54 min. Hallelujah!

 

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